Eigentlich bin ich ja ein eher fatalistischer Mensch, den nichts so leicht aus der Fassung bringt und der viele Dinge und Themen relativ gelassen sieht. Aber da bin ich mittlerweile an meine Grenze gestoßen. Das, was ich jeden Tag mehrmals in allen möglichen Medien – Radio, Fernsehen, Internet – sehe und höre, lässt Gelassenheit einfach nicht zu. Zu viele Horrormeldungen über Tausende von Menschen, die Ihr Leben riskieren, um sich und Ihre Familien in das ach so sichere und freie Europa zu retten. Die monatelange Odysseen auf sich nehmen, mittellos durch zig Länger ziehen und selbst bei den elementarsten Dinge wie Essen, Trinken, Schlafen etc. dem (guten?) Willen Anderer ausgeliefert sind. Die sich zu Hunderten einen Platz auf nicht seetüchtigen Nussschalen und zugeschweißten LKW erkaufen und dafür oft mit dem Leben bezahlen. Ich höre, dass Bahnhöfe und Grenzen von der Polizei gesperrt werden und so Hunderte oder Tausende Menschen ohne jegliche offizielle Unterstützung wie Essen, Getränke oder Decken im Freien kampieren müssen. Und dass beinahe täglich eine ebenso große Zahl Flüchtender bei dem Versuch, auf völlig überfüllten Schlauchbooten oder sonstigen maroden Kähnen das Mittelmeer zu überqueren ertrinkt.
Und ich bemerke, dass ich jeden Tag dünnhäutiger werde. Dass mich die Geschichten, die ich höre, zu Tränen rühren. Tränen der Wut und Enttäuschung über die Ignoranz, den Egoismus und die Unmenschlichkeit einiger Menschen, Gruppierungen, Parteien und Staaten. Ich kann nicht fassen, in welcher Weise sich dieses humanitäre Drama hier und in ganz Europa abspielt. Wie kann es sein, dass es in Deutschland so viele gibt, in deren Köpfen und Herzen sich mehr oder weniger gut getarnt dieses unsägliche braune Gedankengut befindet. Was sind das für Menschen? Wie kommt man zu einer solchen Gesinnung? Und kann man etwas dagegen tun? Denn mal ehrlich, ich finde dieses Nazitum in Deutschland einfach beschämend!
Aber in erster Linie weine ich über die unzähligen furchtbaren Schicksale der Vielen, die versuchen, sich und ihre Familien zu retten und zu uns zu kommen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sich diese Menschen fühlen. Welche Schicksale und furchtbaren Erlebnisse sie durchgemacht haben und welche Hürden noch vor ihnen liegen. Und als ich das Foto des toten kleinen Jungen aus Syrien gesehen habe, der am Strand von Bodrum angeschwemmt wurde, war ich wirklich geschockt und fassungslos. Mitten ins Herz Europas trifft dieser kleine Flüchtlingsjunge, dort, wo sonst unzählige Touristen Urlaub vom Wohlstandsstress machen, und zeigt uns unser Spiegelbild.
Aber dieses Foto ist heute um die Welt gegangen und hat ganz viele wach gerüttelt und motiviert, aktiv zu werden. Aufzustehen, sich zu zeigen, darüber reden, schreiben und versuchen zu helfen.
Und so hat auch mir dieses Foto und der heutige RUMS den letzten Anstoß gegeben: Ich stehe mit diesem Post auf, distanziere mich von Fremdenfeindlichkeit, Unmenschlichkeit und Ignoranz und schreibe über meine Gedanken und Gefühle zu dem Thema. Und ich gebe den Aufruf gerne weiter, sich die Plattform Blogger für Flüchtlinge anzuschauen und aktiv zu werden.
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